Wie sieht es wohl dort drüben aus? Wie oft habe ich mir diese Frage schon gestellt? Wie oft bin ich auf dem Gipfel des Haleakala - dem Dach von Maui - gestanden oder bin sogar in den Krater hinunter gewandert ohne die Zeit zu haben, die Gegenseite zu erkunden? Der Haleakala ist wie so viele Sehenswürdigkeiten hier auf Hawai’i ein einzigartiges Naturschauspiel, ein aussergewöhnliches Beispiel für die einmaligen Lichtverhältisse. Die klaren Farben sind Opium für die Augen.
Maui wollte sich zum Muttertag von seiner besten Seite zeigen, Haleakala bedeutet “Haus der Sonne”, und so standen die Zeichen positiv für ein ideales Wochenende, um unseren Wissensdurst zu stillen.
Die frisch gewarteten Motoren unserer Cessna 401 brummen synchron durch die noch kühle Morgenluft von Hawai’i, der Äther der Flugkontrolle ist noch relativ ruhig am frühen Morgen, in weniger als 30 Minuten nach dem Start in Kailua Kona rutschen wir am Maui Flughafen OGG die ILS hinunter.
Am Flughafen von Maui haben wir immer wieder Probleme mit dem Parken unserer Maschine, so auch dieses Mal und erst muss dieses Issue mit Operations geklärt sein, bevor es für uns weiter geht. Anschliessend Frühstück bei WholeFoods und endlich geht es mit dem Mietwagen auf den Summit. Da wir relativ früh unterwegs sind, bekommen wir nach einer kurzen aber sehr informativen Unterhaltung mit Ranger Dayle die Camping-Permit. Etwas verunsichert betreffend seiner offenen Bemerkung zu unserem Vorhaben, wieder über den Sliding-Sands Trail zurück zu kommen (“you guys rock, it’s more than a 3’300 feet climb”), taggern wir die Permit an Gabi’s Rucksack und überdenken nochmals kurz unseren Plan. Naja, wir haben ein paarmal Mauna Loa auf Big Island erklommen, das sind zwar weniger Höhenmeter aber weit mehr Distanz und Mauna Loa ist auf über 4’000müM. Dies bekräftigt uns, am ursprünglichen Plan festzuhalten.
“Opium für die Augen”, dieser Spruch einer Kundin hält meine Gedanken anhaltend wach. Der etwa 16km lange Abstieg in und durch den Krater auf die andere Seite nach Paliku verklärt unsere Sinne, immer wieder machen wir Halt, um dies alles wahrzunehmen oder genauer gesagt, um dieses Licht- und Farbenspiel zu erfassen. Nun bereue ich meinen Entscheid, die Nikon D-90 wegen dem Gewicht nicht dabei zu haben und so müssen unsere Handys für akzeptable Fotos hinhalten.
Mit dem weiteren Abstieg nähern wir uns immer mehr der Wolkenobergrenze. Die Konvektion ist heute aufgrund einer stärkeren Inversion auf etwa 7000 Fuss für unsere Wanderung entgegenkommend tief, für das heutige Nachlager kann dies aber auch Nebel und Niederschlag bedeuten. Mit jedem Meter, den wir weiter hinuntersteigen nähern wir uns dem Nebel, aber just mit unserem Ankommen bei Paliku verziehen sich die Wolken und wir schlagen unser Lager mit den letzten Strahlen vor Sonnenuntergang auf. Wurden wir heute Mittag visuell verwöhnt, so kommen wir nun in den Genuss von auditiver Wahrnehmung: keine von Zivilisation verursachte Geräusche, nur eine Hundertschaft von für uns unsichtbaren Vögel geben ein Konzert von selten erlebter Qualität. Mit abnehmenden Sonnenlicht verstummen auch unsere Musikanten, die Luft wird kühler und wir verschwinden in unsere mitgebrachten Schlafsäcke.
Die Nacht ist trotz Zelt und unseren Schlafsäcken ziemlich kühl und so ist der frisch gebrühte Kaffee und das knusprige Brot die exakt richtige Motivation, den neuen Tag in bester Laune zu begrüssen. Und so kommt es, dass ich auch Gabi für den längeren Rückweg via Halemau’u Trail gewinnen kann. Wir brechen früh auf, bereits ziehen wieder Wolken aus dem Kaupo Gap hinauf, wir wollen an die Sonne. Über dem Gewölk ist die Luft klar, sehr deutlich können wir die beiden Giganten Mauna Kea und Mauna Loa erkennen. Sobald wir die Klippen von Honokahua erstiegen haben, eröffnet sich uns wieder diese einzigartige Kraterlandschaft, die uns schon immer fasziniert hat. Vor allem an Pele’s Paint Pot können wir kaum glauben was wir sehen: der Trail führt uns über einen kleinen Pass mit den unterschiedlichsten Gesteinsfarben. Sehr wahrscheinlich, dass unsere hiesige Vulkangöttin ihren Farbtopf hier ausgeschüttet hat.
Der abschliessende Aufstieg von etwa 750 Höhenmeter auf 6km ist einfacher als ursprünglich gedacht. Viele Spaziergänger nutzen das tolle Wetter und steigen für eine kurze Strecke den Sliding-Sands Trail hinunter; für uns ein Ansporn, die Wanderer mit unserem schweren Gepäck auf ihrem Rückweg zu überholen.
In Kahaului füllen wir wie gewohnt die Energievorräte am WholeFoods-Buffet auf, bevor es mit unserer Twin wieder Richtung Big Island geht. Zwischenzeitlich hat sich das Wetter (wie in den Prognosen angekündigt) verschlechtert, so dass wir die Hälfte unseres Fluges in den Wolken verbringen. Für mich ein Plus, kann ich so ein paar zusätzliche Actual IFR Minuten in mein Flugbuch loggen. Damit ended unser kurzer Wochenendtrip nach Maui mit ganz vielen neuen, eindrücklichen Impression und wir sehen uns einmal mehr bestätigt: we are so happy to live in Hawai’i!
With a sunny Aloha from Hawai’i
Gabi & Bruno